Umgangssprachlich wird unterschieden zwischen „eu-weiten“ und „nationalen“ Vergabeverfahren.

Genaugenommen ist dies falsch!

Die Europäische Union hat in EU-Richtlinien festgelegt, wer öffentlicher Auftraggeber ist und weiterhin gereglt, dass diese öffentlichen Auftraggeber die Regeln der EU Richtlinien beachten müssen, wenn sie Verträge über Bau- oder Liefer- oder Dienstleistungen abschliessen wollen, die bestimmte Gesamtauftragswerte (netto) „EU-Schwellenwerte“ überschreiten.

Die Mitgliedsstaaten der EU sind verpflichtet, diese EU Richtlinien in nationales Recht umzusetzten.

Die Bundesrepublik Deutschland (Bund) hat mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt.

Der Bund hat im § 99 GWB festgelegt, wer öffentlicher Auftraggeber ist und Vergabeverordnungen erlassen, die jeweils bei Überschreiten und Unterschreiten der EU-Schwellenwerte zu beachten sind.

Die Anwendungspflicht der Vergabeverordnungen, die bei Überschreiten der EU-Schwellenwerte zu beachten sind, gelten für öffentliche Auftraggeber per Gesetz (GWB). Das sind die sogenannten EU-Vergabeverfahren.

Unterhalb der EU Schwellenwerte gelten für öffentliche Auftraggeber die nationalen Vergaberegeln ihres jeweiligen EU-Mitgliedsstaates, die in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls in Vergabeverodnungen umgesetzt wurden.

Die Anwendungspflicht dieser Vergabverordnungen ergibt sich aus den jeweiligen Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder. Dort wird auch festgelegt, für welche öffentliche Auftraggeber sie gelten. Das sind die sogenannten nationalen Vergabeverfahren.

Das bedeutet, nicht alle öffentlichen Auftraggeber nach § 99 GWB müssen bei Unterschreitung der EU-Schwellenwerte, öffentliche Vergabeverfahren nach den für „nationale Vergabeverfahren“ geltenden Vergabeordnungen ausschreiben, sondern nur die dem jeweiligen Bundes- bzw. Landeshaushaltsrecht unterliegenden öffentlichen Auftraggeber. Das sind die Bundes- bzw. Landesbehörden und die Kommunen (Gebietskörperschaften) sowie deren Sondervermögen und deren Zusammenschlüsse.

Fazit:

Wird der EU-Schwellenwert überschritten, müssen alle öffentliche Auftraggeber die Richtlinien der EU, die jeweils in nationale Gesetze und Vergabeveordnungen umgesetzt wurden, beachten.

Wird er unterschritten, müssen nur öffentliche Auftraggeber, die dem Haushaltsrecht unterliegen, die nationalen Verordnungen beachten.

Beachtenswert:

Die Anwendungspflicht von Vergabeverordnungen kann sich aber auch für Unternehmen, die nicht öffentliche Auftraggeber sind, aus Fördermittelbescheiden ergeben, z. Bsp. für GmbHs, AGs usw. aber auch für Vereine oder Privatpersonen, .

Zusammenfassung:

Auch an „nationalen Vergabeverfahren“ kann ein Unternehmen aus einem anderen Staat teilnehmen und Angebote abgeben!